Projekt Wasserhärte – Schlussbericht
Der Begriff Wasserhärte ist nicht klar abgegrenzt. Eine einfache Beschreibung findet sich im „Not- und Hülfsbüchlein für Bauersleute“ aus 1788 von Rudolf-Zacharias Becker: „…indem es oft so hart ist, daß die Seife nicht leicht damit schäumt, wenn die Wäsche rein werden soll. Das Mittel, es weicher zu machen, ist aber, daß man es abkochet und wieder erkalten läßt, ehe man es braucht.“ Die übliche Definition der Härte des Wassers als Gehalt eines Wassers an Calcium-Ionen (Ca2+) und Magnesium-Ionen (Mg2+), kann nicht ohne Einschränkung für Trinkwasser gelten, weil sie unterstellt, dass Mg-Ionen im Trinkwasser die gleichen Eigenschaften haben wie Ca-Ionen. Das trifft keineswegs zu, wie die Recherchen im Rahmen dieses Projektes ergaben, die veröffentlicht wurden: [https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/vomw.202100025 A. Grohmann: Über den geringen Einfluss von Magnesium-Ionen auf die Härte des Wassers. Vom Wasser 119 (2021) 4, S. 121-129].
Zur Diskussion stehen insbesondere folgende Ergebnisse:
Seit vielen Jahren empfehlen die Stadtwerke München (SWM), deren Trinkwasser 2 mmol/l Ca und 0,8 mmol/l Mg enthält, eine Dosierung von Waschmitteln nach Härtebereich „mittel“, obwohl die Summe von Calcium- und Magnesiumgehalt den kritischen Wert von 2,5 mmol/l überstiegt. Zu Recht, denn Mg-Ionen bilden keine Ablagerungen auf der Wäsche oder umgangssprachlich ausgedrückt: Magnesium im Trinkwasser macht die Wäsche nicht „hart“. Härteunempfindliche Tenside sind handelsüblich. Der Gehalt an Mg-Ionen im Wasser wird durch Zusatzstoffe wie Natriumbicarbonat und Zeolith-A als Enthärter oder Polycarboxylat als Kristallisationsinhibitor nicht gemindert. Mithin ist die Dosierung solcher Zusatzstoffe in Bezug auf Mg-Ionen ohne Belang. Eine Erhöhung der Dosierung an Waschmitteln oder Enthärter mit dem Hinweis auf den Gehalt an Magnesium im Trinkwasser ist unangemessen. Daher sind, wie es die SWM praktizieren, nur Ca-Ionen bei der Mitteilung des Härtebereichs nach §9 Wasch- und Reinigungsmittelgesetz-WRMG zu berücksichtigen, Mg-Ionen aber nicht! Wird diese Empfehlung befolgt, so kann in vielen Versorgungsgebieten der Härtebereich „mittel“ statt „hart“ mitgeteilt werden, wodurch die Umwelt geschont wird, also eine vermeidbare Beeinträchtigung der Umwelt unterbleibt, wie es in § 3 WRMG gefordert wird.
Ablagerungen im Bereich der Trinkwasserversorgung (beispielsweise an Fliesen, Armaturen, Kaffeemaschinen, Heizstäben oder in Rohren) werden volkstümlich als „Kalkablagerungen“ bezeichnet. Das ist auch fachlich korrekt, denn solche Ablagerungen enthalten nur wenig Magnesium. Ein prominentes Beispiel ist der polierfähige Kalksinter aus Calcit der römischen Eifelleitung, der so genannte Aquäduktmarmor, der sich in 190 Betriebsjahren der Wasserversorgung von Köln bildete und stellenweise eine Dicke von 30 cm erreichte. Er enthält <2% Mg, obwohl der Mg-Anteil am Gehalt an Ca- und Mg-Ionen im Quellwasser der Eifel, das neben etwa 1,8 mmol/l Ca auch bis zu 1,8 mmol/l Mg enthält, etwa 50% beträgt. Allerdings haben die Mg-Ionen im Wasser den Kristallisationsprozess beeinflusst und vermutlich die für Kalksinter ungewöhnlich hohe Festigkeit des Aquaduktmarmors der römischen Eifelleitung bewirkt.
Beim üblichen Kochen von Trinkwasser im Haushalt wird nur Calciumcarbonat (Calcit) ausgeschieden, während Mg-Ionen in Lösung bleiben und ihre Konzentration in dem Maße zunimmt, wie Wasser verdampft. Erst bei unüblich langem Kochen von Trinkwasser (länger als 30 min), wenn kein Calcit mehr ausfällt, deswegen kein CO2 mehr entsteht, alles CO2 ausgekocht wird und der pH ansteigen kann (auf pH 9,5 gemessen bei 25 °C, was pH 8,5 bei 100°C entspricht) fällt allmählich auch Magnesiumoxid aus. Dieser langwierige Prozess ist auch nach 2h Kochen nur zu weniger als 50% abgeschlossen. Der Kochtest ließ sich bisher nicht in der Weise weiterentwickeln, dass er in Ringversuchen Bestand hat. Zu groß sind die Einflüsse der Versuchsparameter auf CO2-Ausgasung und pH-Anstieg. Auch der Einfluss von Huminstoffen im Wasser (DOC), die die Calcitausfällung hemmen, ist sehr ausgeprägt.
Die getrennte Bestimmung des Gehalts eines Trinkwassers an Calcium-Ionen (Ca2+) und an Magnesium-Ionen (Mg2+) ist Stand der Technik. Insofern ist es einfacher geworden, deren Auswirkung auf die Nutzung von Trinkwasser getrennt zu beurteilen und auch getrennt zu berücksichtigen.
Berlin, den 5. August 2022,
Hon.-Prof. Dr. Andreas Grohmann